Warum der Gründonnerstag

….. Gründonnerstag heißt und warum es eine gute Entscheidung sein könnte, sich zur
Gründonnerstag-Nachtwache  (am 24.3.2016 ab 18 Uhr) einladen zu lassen –
ein Beitrag von Hans-Jürgen Caspar:

Christi Opfertod und der Gründonnerstag
Wie wohl alle anderen Religionen ist auch die christliche nicht in allen Einzelheiten leicht zugänglich. Es gibt in ihr genügend Geheimnisvolles, das allein mit dem Verstand nicht zu begreifen ist.
Trotzdem hänge ich an ihr, und es freut mich, dass es mir aus einem bestimmten Anlass heraus vergönnt war, einen Teil der christlichen Botschaft noch besser zu verstehen als vorher.
Diesen Anlass bildete am Gründonnerstag eine sehr gut besuchte Nachtwache in unserer St.-Petrus-Gemeinde, die abends begann und am Karfreitagmorgen endete. Inhaltlich bezog sie sich auf die Berichte in der Bibel über den Aufenthalt Jesu im Garten von Gethsemaneh (Matth. 26,36-46; Mark. 14,32-42, Luk. 22,39-46) mit einigen seiner Jünger. Während Jesus in großer Einsamkeit und Verzweiflung etwas abseits für sich betete, schliefen sie, obwohl er sie mehrfach aufgefordert hatte, wach zu bleiben. Bei unserer Veranstaltung bestand die Möglichkeit, symbolisch das nachzuholen, was sie versäumten.
Zwischen Bibellesungen und Gebeten entstanden immer wieder lange Pausen der Stille, und so konnte man sich in die Bedeutung des Ostergeschehens vertiefen, wie es sonst mit dieser Intensität und Ausdauer nur selten geschieht. Dabei dachte ich unter anderem an folgendes:
Es gibt in der Bibel, angefangen mit dem Alten Testament, eine Entwicklung, die sich auf die Strafen Gottes für begangene Sünden bezieht. Und zwar nicht auf die Härte dieser Strafen, sondern auf deren Ausdehnung über die Menschheit.
Als Gott die Menschen geschaffen hatte und nach einer Weile ihres Fehlverhaltens überdrüssig wurde, vernichtete er sie durch die Sintflut allesamt bis auf wenige Ausnahmen: Noah und seine Angehörigen, die ihm wohlgefällig waren. Dieser Radikallösung folgte später, nachdem sich die übrig gebliebenen Menschen wieder vermehrt hatten, die Ausrottung nur noch einzelner Stämme und Städte; manchmal waren es auch nur bestimmte Personen, die dem tödlichen Zorn Gottes verfielen. Der Kreis wurde also immer enger.
Diese Entwicklung erreichte ihren Höhepunkt in Jesus Christus. Als Einzigen bestrafte Gott Ihn mit dem Tode für Sünden, die er nicht begangen hatte. Es waren die Sünden aller anderen Menschen. Ersatzweise für sie zahlte Er das Lösegeld. Diejenigen, die das wissen und dankbar anerkennen, nennen deshalb Jesus ihren Erlöser.
Die Szene im Garten von Gethsemaneh und die nachfolgenden Ereignisse zeigen, wie sehr Jesus unter der Entscheidung Gottes litt. Er fügte sich ihr, freiwillig, handelte aus Gehorsam und Liebe .
Jesus lebte bis zu seinem qualvollen Ende als Mensch auf Erden, doch war er gleichzeitig als Sohn Gottes Eins mit ihm. Dabei nannte er sich bescheiden fast immer nur den „Menschensohn“.
Zu seiner Göttlichkeit gehörte (denn Gott ist unsterblich), dass er zwei Tage nach der Kreuzigung wieder lebendig wurde und kurze Zeit später zum Vater in den Himmel auffuhr. Nach seiner Grablegung besuchte er das Totenreich, aus dem niemand mehr entkommt – ihm allein war es möglich. Deshalb heißt es auch, dass Jesus den Tod überwand. Darüber hinaus versprach er allen, die an ihn glauben und sich bemühen, ihm zu folgen, Ewiges Leben nach dem irdischen Dasein. Zu einem bestimmten Zeitpunkt, den nur Gott kennt, wird er wiederkommen, „zu richten die Lebendigen und die Toten“ – so sprechen wir in unserem christlichen Glaubensbekenntnis.
Schlägt man in einem Bibellexikon nach, woher der Gründonnerstag seinen Namen hat, ist entweder gar keine Antwort zu finden, oder es gibt nur vage Vermutungen darüber. Im Gegensatz zum biblisch bezeugten Palmsonntag, an dem die Jerusalemer vor dem in die Stadt einziehenden Jesus Palmenzweige ausbreiteten, um ihn zu ehren, passierte am darauf folgenden Donnerstag nichts dergleichen. Auch war bei einem Teil derjenigen, die ihm zugejubelt hatten, inzwischen ein Stimmungsumschwung eingetreten, der von den Jesus feindlich gesinnten Priestern geschürt wurde. Dies zeigte sich am Tag darauf, dem Karfreitag, besonders deutlich. Es waren im übrigen nicht alle oder die Juden, die den Tod Jesu forderten, wie es viele Jahrhunderte lang, sehr zu ihrem Nachteil von der Kirche behauptet wurde (Schimpfwort: „Christusmörder“), sondern eine kleine fanatisierte Minderheit, die sich im Burghof von Pontius Pilatus versammelt hatte und ihr „Kreuzige, kreuzige“ schrie; hierauf wird erst in neuerer Zeit immer wieder, vor allem auch von christlicher Seite, hingewiesen.
In einem nicht-biblischen, etymologischen Wörterbuch (Wasserzieher: „Woher?“) las ich sinngemäß: „Gründonnerstag“ war im Mittelalter, etwa seit 1200, ein üblicher Name für den Tag, an dem aus der Kirche ausgestoßene, reuige Büßer öffentlich Absolution erhielten und so aus toten Gliedern der Gemeinde wieder lebendige, aus dürren Zweigen wieder grüne wurden.“

(Hans-Jürgen Caspar)